Nachdem der 19-jährige Neonazi Lutz Oe. am 01.03.2015 auf der Heimreise von einer „Der Dritte Weg“-Kundgebung zum Thema Volkstod in München auf dem Heimweg tödlich verunglückte fand am 20.03.2015 die Trauerfeier und Urnenbestattung statt. Wie bereits erwartet kamen zu dem Anlass bekennende Neonazis aus der Region und ganz Bayern, sowie Freundes des Toten, die eher der „Grauzone“ zuzurechnen sind und Familienmitglieder. Doch auch Zivilpolizisten und Antifaschist*innen fanden sich am Friedhof Grubweg (Passau) ein um das Naziaufgebot und den anschließenden Leichenschmaus der Trauergemeinde im Auge zu behalten. Die Trauerfeier an sich verlief gewöhnlich, nach einigen klar rechtsradikalen musikalischen Darbietungen und einer eher austauschbaren Ansprache durch den Priester, wurde noch einmal das Lied „Mein bester Kamerad“ (Sleipnir) gespielt, während die Trauergäste an der Urne Abschied nahmen und sich auch schon wieder Richtung Parkplatz aufmachten. Interessant dabei war neben den politisch eindeutigen Musikstücken und Texten das Verteilen eines „Nachrufflyers“ der neben dem Bild des Toten eine Reichskriegsflagge (gesamte Vorderseite) als Motiv hatte. Spätestens an diesem Punkt dürfte sowohl dem Priester als auch den anderen vermeintlich unbedarften Trauergästen der Tenor der Veranstaltung und Lutzens Engagement bekannt gewesen sein.
Unter den eindeutig dem radikal rechten Spektrum zuzuordnenden ca. 40 Gästen fanden sich vor allem männliche Nazis aus der Passauer Region, sowie hier und da in Begleitung ihrer Partnerinnen. Die Gästegemeinde bestand aus Neonazis aus München und Regensburg, sowie dem Dritte-Weg-Kader Walter Strohmeier. Außerdem war der Passauer NPD-Mann Günther Resch (senior) anwesend. Auch die meisten anderen Nazi-Gäste sind uns namentlich bekannt.
Anschließend machte sich der Trupp – allerdings ohne die Familie des Toten, dafür aber in Polizeibegleitung – auf den Weg nach Passau-Zentrum um dort in der Holzheimerstraße auszusteigen. Laut Informationen der Polizei trafen sie sich dort zum essen. Der Rest des Tages verlief friedlich und ohne Störungen durch die Neonazis. Antifaschist*Innen, die versuchten in die Holzheimerstraße zu kommen, wurden von der Polizei davon abgehalten.
Bei dem tödlichen Unfall sollen außerdem noch zwei weitere Nazis im Alter von 18 und 19 Jahren beteiligt gewesen sein, der 18-jährige Fahrer hatte einem anderen Auto die Vorfahrt genommen, der Fahrer des anderen Fahrzeuges wurde ebenso wie die beiden Männer, schwer verletzt (Pressebericht). In diesem Zusammenhang war auffällig, dass der 18-jährige enge Freund des Toten und ebenfalls Neonazi, Denis Hobmeier, bei der Beerdigung nicht anzutreffen war.
Ob und inwiefern die Trauergemeinde und deren Teilnehmende Aufschluss über Lutz Oe.’s Verstrickungen in die Neonaziszene bzw. den Dritten Weg Auskunft gibt ist fragwürdig. Zwar war dieser stolzes Mitglied und Aktivist der neuen Partei und auf jeder Demo der Partei im letzten Jahr im bayerischen Raum als fröhlicher Fähnchenschwenker zugegen, dennoch nahm man ihm die tiefe Verwurzelung und auch tiefgreifende persönliche Verbundenheit in die Szene nie wirklich ganz ab. Lutz wirkte bis zuletzt wie das „Küken“ des Kaders, welches immer noch Flyer verteilen musste während andere, später hinzugekommene Aktivisten wesentlich schneller wichtigere Posten übertragen wurden.
Ebenfalls bemerkenswert und auch interessant hinsichtlich Oe’s angeblich so radikaler Haltung war die Anwesenheit einiger geladener (!) Freund*innen und ehemaliger Klassenkolleg*innen bei der Trauerfeier. Von diesen sind einige schon öfter durch verschiedene Aussagen und Haltungen als Menschen, die der politischen „Grauzone“ zuzuordnen sind, aufgefallen. Andere wiederum definieren sich sogar als „Linke“, „Punks“ und „Antifaschisten“. Dennoch waren sich diese Leute nicht zu schade Schulter an Schulter mit 40 bekennenden Neonazis und mit Reichskriegsflaggenflyer in der Hand um den toten Neonazi-Aktivisten zu trauern [An dieser Stelle sei angemerkt, dass wir uns kein Urteil darüber anmaßen wollen wer weswegen um einen Menschen trauert, unsere Kritik trifft lediglich das „Schulter-an-Schulter“ mit Neonazis auf der selben Veranstaltung Trauern, da dies nicht nur politisch fragwürdig sondern auch schlichtweg gefährlich für die Personen an sich und die antifaschistischen Strukturen ist]. Die geradezu harmonische Gemeinschaft der gegensätzlichen Lager mutet noch verrückter an, wenn man bedenkt, dass die selben (!) Personen ansonsten gerne bei den montäglichen BAGIDA-/NOBAGIDA-Demos Hetzjagden aufeinander eröffnen. Aber, wie eine Besucherin des Begräbnisses so beschönigend formulierte „Man kann ja wohl mal einen Tag lang seine politische Einstellung beiseite schieben“. Nein muss man nicht. Und deshalb werden wir auch weiterhin jedes einzelne Mal vor Ort sein, wenn es die braune Suppe in die Stadt spült, egal zu welchem Anlass!