Kommunalwahl 2020: Trotz verschlechterter Wahlergebnisse verbucht die AfD Erfolge

Veröffentlicht am Do., 03/19/2020 - 21:55

Am Sonntag den 14.03.2020 wurde in Bayern gewählt. Bereits nach den ersten veröffentlichten Zahlen am Abende des Wahltags hatte sich abgezeichnet, dass die extrem rechte Partei zwar erwartungsgemäß in den Stadtrat einziehen konnte, aber mit lediglich zwei Mandaten und unter fünf Prozent der Stimmen sicher weit hinter ihre Erwartungen zurückgefallen ist.

Die Wahlergebnisse der AfD in der Stadt Passau zur Kommunalwahl 2020:
Die AfD erhielt mit 29.622 gültigen Stimmen [Achtung, Mehrfachstimmen pro Wähler!] ein Ergebnis von 3,71% und somit ein Mandat für zwei Stadträte (Robert Schregle, vom VS beobachteter niederbayerischer AfD-Bezirksrat und Kurt Haimerl, ehem. Passauer Stadtrat für die extrem rechte Partei „Die Republikaner“).
Einen Oberbürgermeisterkandidaten stellte die AfD nicht.

Die Wahlergebnisse der AfD im Landkreis Passau zur Kommunalwahl 2020:
Der Landratskandidat der AfD, Johann Meier (Landwirt) erhielt 8,4% der Stimmen und wurde damit vierter von sieben angetreten Kandidaten.
Die Kreistagsliste der AfD erhielt mit 479.486 Stimmen im Passauer Landkreis 8,52%, welche die Partei zu immerhin sechs Sitzen im Passauer Kreistag ermächtigt.
Darunter der gescheiterte Landratskandidat Johann Meier (Landwirt), der rechtsextreme und zeitweise vom VS beobachtete AfD-Landtagsabgeordnete Ralf Stadler, der ehemalige „Republikaner“ und ehem. Passauer AfD Stadtrat Oskar Atzinger, die rassistische AfD Bezirksrätin Angelika Eibl, Herbert Seitz und der christliche Fundamentalist und Abtreibungsgegner Andreas Eimannsberger, der derzeit auch wieder die pro familia Niederbayern Schwangerenkonfliktberatung in Passau mit einer 40-tägigen Dauermahnwache belästigt.

Trotz der neu gewonnenen Mandate, im Kreistag sogar mit Fraktionsstärke, bedeuten die Ergebnisse für die AfD immerhin eine signifikante Verschlechterung im Vergleich zu den Bayerischen Landtagswahlen 2018. Im Stimmbezirk Passau-West 2018 hatte die AfD vor zwei Jahren noch 14,2%, im Stimmkreis Passau-Ost immerhin 13,9% der Stimmen eingefahren (Gesamtbayern: AfD mit 10,2%).

Wir freuen uns darüber, dass die AfD mit ihrem antidemokratischen, rassistischen, sexistischen und antisemitischen Gedankengut in der Stadt Passau nur schwer Fuß fassen kann und mit 3,7% ein so schlechtes Ergebnis erlangt hat. Und auch im Landkreis scheint die „Alternative für Deutschland“ in den letzten Jahren an Zustimmung eingebüßt zu haben (2020 rund 8,5 statt 2018 rund 14%).

Den Wahlausgang 2020 werten wir auch als Erfolg der Kampagne #KeinKreuzderAfD. Rund 10.000 Flyer haben zahlreiche über „Aufstehen gegen Rassismus – Passau“ aktivierte Freiwillige in den letzten Wochen an die Haushalte der Stadt und im Landkreis verteilt. Im Kontext einer Informationskampagne unter dem selben Motto erstelle der „Antifaschistische Infoticker Passau“ Profile zu den einzelnen bekannten AfD-KandidatInnen und bereitete somit einen schnellen Überblick über die einzelnen AfD-MandatsanwärterInnen und ihre rechte Verortung als anschauliches Argumentationsmaterial auf.

Der Flyer mit allgemeinen Argumenten gegen das „Kreuz für die AfD“ rief bei der betroffenen Partei offenbar großen Unmut hervor. So ließ sich der Passauer AfD Kreisverband gar dazu herab die Flyerkampagne mit dem Terror des NS-Regimes gleich zu setzen (!) und postete auf Facebook erbost: "Jahrzehnte lang wurde davor gewarnt, nun wiederholt sich das dunkle Kapitel unserer Geschichte und das von unseren eigenen Regierungsparteien! Auf Kosten der Steuerzahler" – AfD Passau [Facebook] 14.03.2020 [Fehler im Original]. Der Kreisverbandsvorsitzende Ralf Stadler, MdL publizierte auf seiner Seite zudem die Daten der im Impressum des Flyers aufgeführten Person. Dass der Flyer offenkundig weder von den „Regierungsparteien“ initiiert, noch vom „Steuerzahler“ finanziert war, verschweigt man auf der AfD-Facebookseite dann aber lieber. AfD-Bezirksrat Robert Schregle kommentierte in bekannt wirrer Manier und unter Verwendung homophober Beleidigungen, es handle sich bei der Flyeraktion um "bestenstrainierte bekannte STASI-Methoden" der „SED“.

Auf der Seite der AfD Bezirksrätin Angelika Eibl wird in einer von ihr publizierten internen Aussendung die belastbare Quellenarbeit des Infotickers bzw. dessen Informationskampagne immerhin lobend erwähnt: „Der Arbeitsaufwand der sogenannten Antifa, nichts anderes als rotgefärbte Faschisten, für diese „Liste“ [Anm.: gemeint sind die Kandidatenprofile] ist riesig gewesen, d.h. sie haben alle Quellen – Internet, Facebook, Veranstaltungen, Zeitungsartikel, Insider-Informationen etc. - genutzt um euch als „braunes Pack“ […] an die Wand zu stellen“ - Dieter Will, Vilshofen, 14.03.2010.

Der Wahlkampf des AfD Kreisverbands Passau/Freyung-Grafenau gestaltete sich hingegen eher wenig sichtbar. In den Wochen vor der Wahl organisierte Ralf Stadler mit seinem engeren Kern loyaler Parteianhänger (gendern hier überflüssig) jeweils Freitags und Samstags für zwei Stunden einen Infostand in verschiedenen Orten des Landkreises. Den Bildern und Berichten zufolge mit sehr überschaubarem Zulauf. In der Stadt Passau verzichtete die rechte Partei dieses Mal offenbar auf jegliche Plakatwerbung oder Veranstaltungsversuche. Im Landkreis warb vor allem der Landratskandidat der AfD, Johann Meier mit Plakaten. Doch auch hier nicht scheiterte die Partei am eigenen Dilettantismus: Am 22.02.2020 berichtet die PNP belustigt, dass die Plakate des AfD-Kandidaten „schon arg nach Scherz“ klängen. „"Für Sie in den Landrat" steht da neben dem Konterfei von Johann Meier - was falsch ist, weil es "den" Landrat als Gremium nicht gibt, und noch dazu zweideutig. In der angegebenen Homepage fehlt außerdem der Bindestrich, sie führt zu einer Steuerkanzlei in Hanau.“ (PNP)1. Meier beschuldigte ohne Umschweife die Druckerei das Motiv der 600 Plakate verfälscht zu haben. Ralf Stadler, AfD-Landtagsabgeordneter aus Tittling und Vorsitzender des Kreisverbands Passau/Freyung-Grafenau, ruderte zurück und klärte auf, dass nicht die Druckerei, sondern das AfD-eigene Serviceteam den Fehler zu verantworten habe. Die falschen Plakate hingen dennoch bis zum Wahltag.

Den Höhepunkt des Wahlkampfes sollte für die AfD die Wahlkampfabschlussveranstaltung in Eging am See am 13. März darstellen. Zu dieser hatte man extra den Brandenburger Neonazi und Anführer des völkisch-nationalistischen Flügels der AfD, Andreas Kalbitz, als Stargast bzw. Redner geladen. Die Veranstaltung fand, trotz der allgemeinen Absage von Versammlungen zum Schutz vor Corona-Infektionen und dem unerträglichen Missbrauch der Pandemie durch die AfD für ihre politische Agenda, statt. Davon hielt den lokalen Kreisverband auch nicht die Tatsache ab, dass wenige Tage zuvor bundesweit medial darüber berichtet wurde, dass Andreas Kalbitz und Björn Höcke, als Anführer des „Flügels“ der AfD vom Bundesamt für Verfassungsschutz offiziell als Rechtsextremisten eingeordnet und ihr Parteilager „Der Flügel“ zum Beobachtungsobjekt des VS erklärt wurde.

In ihrer Reaktion erklärt die AfD Passau bzw. deren Vorsitzender Ralf Stadler sich wieder einmal zum altbekannten Opfer – eine inhaltliche Distanzierung sucht man beim bekennenden Flügelanhänger freilich vergeblich: „Am Donnerstag Mittag kam wie üblich der obligatorisch erwartete Schuss vor der Wahl, gegen die AfD, mit der Bekanntgabe, dass der Flügel vom VS überwacht wird. Was von den öffentlich rechtlichen Propaganda-Sendern als Volltreffer deklariert wurde empfinden wir nur als endgültigen Rohrkrepierer der Altparteien! Diese Verzweiflungstat zeigt deutlich, wie der Demokratiebruch, bei der Wahl in Thüringen, wie diese Raubritter unser Land kaputtregieren. Wieder mal wurde mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln versucht ein Spaltkeil in unsere Partei zu treiben um uns doch noch vor der Kommunalwahl größtmöglichen Schaden zuzufügen.“ - AfD Passau [Facebook], 14.03.2020

Robert Schregle – Niederbayerische Bezirksrat für die AfD und neu gewählter Passauer Stadtrat echauffierte sich auf seiner Facebookseite gar: „Deutschland im Jahre 2020: "Merkel-Diktatur" und immer wieder erstaunlich wie viele "Beamten-Generäle" sozusagen "willfähige Exekutor-Knechte" darstellen, nicht wahr, Herr Haldenwang [Anm.: Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV)]? Solche "Stiefellecker-Karrieristen", wie ein gewisser Herr Haldenwang sollten sich in Zukunft damit beschäftigen, wie lange das "Beamtenverhältnis" wohl unter diesen "Umständen", nämlich "Verfassungsschutz=Machterhalt-Unterstützungs-Verein" noch bestehen wird, weil das "Maßband" wie damals wieder bei den Wehrpflichtigen wieder "Mode" werden wird! […] Der Herr Haldenwang ist ein "typisches Beispiel" für eine "Karriere in Merkel-Deutschland", Hauptsache das umsetzen, was Merkel anordnet, koste es, was es wolle, "völlig egal wie kriminell" das letztlich ist!“ - Robert Schregle – NDB Bezirksrat für die AfD und Stadtrat für Passau [Facebook], 12.03.2020 [alle Fehler und Anführungsstriche im Original]

Die RechtsextremistInnen und AnhängerInnen des völkisch-nationalistischen Flügels der AfD [„Der Flügel“] werden nun offiziell vom Verfassungsschutz beobachtet. Im Video eines Flügeltreffens im bayerischen Greding (2019) finden sich natürlich auch VertreterInnen der AfD Passau (darunter Ralf Stadler, Uwe Henkel, Ursula Bachhuber), denn der Kreisverband bzw. dessen Vorstandsmitglieder bekennen sich seit jeher großenteils zum Flügel und gehören teils sogar zu den offiziellen UnterzeichnerInnen der von Björn Höcke und Andreas Kalbitz initiierten und von Götz Kubitschek verfassten „Erfurter Resolution“ (Gründungsaufruf des Flügels, 2015). Andere KreisverbandsanhängerInnen wiederum zeigen sich als frenetische Fans Höckes (z. B. Angelika Eibl, ebenfalls Teilnehmerin von Flügel-Treffen) und zuletzt sollte die offizielle Einladung, des unter Verfassungsschutzbeobachtung stehenden, rechtsextremen "Flügelführers" Andreas Kalbitz zur Wahlkampfabschlussveranstaltung der AfD Passau (13.03.2020) nach Eging am See endgültig klar stellen, wie sich der lokale Parteikreisverband positioniert. Während bisher nur einzelne Funktionäre der Passauer AfD unter Beobachtung des Verfassungsschutzes standen, dürfte seit der neuesten Entwicklung wohl der komplette Kreisverbandsvorstand und dessen Funktionär*innen (darunter Städträte, BezirksrätInnen, KreistagsrätInnen und ein Landtagsabgeordneter) auf den Radar der Behörde rücken.

Bei Betrachtung der neuen Stadträte und Kreistagsabgeordneten für die AfD fällt auf, dass sich darunter kaum politische Neulinge finden, dafür aber überwiegend alte Bekannte, die sich entweder seit Jahren in der extrem rechten Politlandschaft bewegen. Bei anderen handelt es sich um solche ParteivertreterInnen, die in ihrer jungen kurzen politischen Karriere für die AfD bereits MandatsträgerInnen geworden und durch diverse rassistische, antisemitische, antifeministische oder andere rechte Positionen und Skandale – teils auch überregional medial - aufgefallen sind.

 

Kommunalwahl 2020: Neue Mandate für die AfD im Passauer Stadtrat und Kreistag

Neues Amt

Name

Alter/Beruf/Ort

Ämter & Historie

Listenplatz

Stimmen

Stadtrat

Robert Schregle

Fremdsprachenkaufmann, geb. 1963

Seit 2018: Niederbayerischer AfD-Bezirksrat, vom VS beobachtet

1

3.407

Stadtrat

Kurt Haimerl

Dipl.-Sachverständiger, geb. 1945

1990 – 1996 im Passauer Stadtrat für die extrem rechte Partei „Die Republikaner“
Mitglied der „NPD“-Burschenschaft Normannia Winterberg zu Passau

2

3.444

 

Kreistag

Johann Meier

Landwirtschaftsmeister aus Tettenweis, geb. 1961

Bis 2011 Vorsitzender des CSU-Ortsverbands Tettenweis
2020: AfD Landratskandidat – jetzt für die AfD im Passauer Kreistag

1

28.453

Kreistag

Ralf Stadler

Metallbauer aus Tittling, geb. 1964

Seit 2018: AfD Landtagsabgeordneter

Stand unter VS Beobachtung
Sammelt Rügen, Anzeigen z.B. wegen Volksverhetzung & Skandale
Unterstützer des Höcke-Flügels

2

25.126

Kreistag

Oskar Atzinger

Zahnarzt aus Salzweg, geb. 1963

In den 1990er Jahren wegen seiner guten Vernetzung in der extremen Rechten im Fokus des VS

Bis 2008: Mitglied der rechtsextremen Partei „Die Republikaner“

Um 2011 im Passauer Kreistag für die ultrarechte Bürgerbewegung „ProBayern“

2014: Fraktionsloser Abgeordneter in den Passauer Stadtrat über die Liste "Pro Passau"

Seit 2018 nimmt er dieses Mandat für die AfD wahr.

Mitglied [bis kürzlich Sprecher] der völkisch-nationalistischen "NPD-Burschenschaft" Normannia Winterberg zu Passau

5

23.816

Kreistag

Angelika Eibl

Gymnasiallehrerin in Rente aus Vilshofen an der Donau, geb. 1951

Seit 2018 im Niederbyerischen Bezirkstag für die AfD

Anhängerin des Höcke-Flügels und PEGIDA-Teilnehmerin

Glaubt an den "geplanten Bevölkerungsaustausch durch globale Eliten" und „Massenmigration als Waffe gegen das deutsche Volk“ und vertrritt auf ihrer Facebookseite durchgehend rechte, rassistische, sexistische und antisemitische Positionen

3

22.568

Kreistag

Herbert Seitz

Selbst. Steinmetz aus Tittling, geb. 1961

Kandidierte zu den Bezirkswahl 2008 im Stimmkreis Passau-West für die rechtextreme Partei "Die Republikaner" und zu den Landtagswahlen 2013 erneut im Stimmkreis Passau Ost für die REP

9

21.540

Kreistag

Andreas Eimannsberger

Altenpfleger aus Neukirchen vorm Wald, geb. 1958

Im Herbst 2019 und Frühjahr 2020 belästigte er als christlicher Fundamentalist, radikaler Abtreibungsgegner und Verantwortlicher der antifeministischen "Koalition für das Leben" jeweils rund 40 Tage lang Frauen vor der Pro Familia Schwangerenkonfliktberatungsstelle in Passau und ist bereits für einschlägige Aktionen strafrechtlich verurteilt worden. Er postet Sachen wie "Abtreibung macht frei", ist Verschwörungstheorien und reichsbürgernahen Ideen nicht abgeneigt und vernetzt die extrem rechte „ProLife“-Szene überregional (TAZ berichtete).

8

21.382

 

Obwohl die extrem rechten (Partei-)Historien, Positionen und Skandale, wie auch die medial publizierte Beobachtung durch den Verfassungsschutz, Strafverfolgungen und rassistische Eklats sämtlicher neu in Mandate gewählter AfD-KandidatInnen öffentlich und weitestgehend bekannt sind, entschieden sich zahlreiche Wahlberechtige den ParteivertreterInnen ihre Stimme zu schenken. Angesichts der Tatsache, dass es nicht konstant die Erstplatzierten auf den Wahllisten, sondern durchweg die AfD-VertreterInnen mit belastbarer Vorgeschichte sind, die die meisten Stimmen erhielten, muss geschlossen werden, dass diese nicht trotz oder in Unwissenheit ihrer Positionen, sondern gerade wegen ihres extrem rechten Engagements die Wählergunst fanden. Ihr WählerInnen dürften kaum verunsicherte Politikfrustrierte sein, die ihre Stimme aus Protest einer Skandalpartei spenden, sondern Menschen, die ihre parlamentarischen VertreterInnen bewusst und dezidiert wegen ihrer rechten Positionen auswählten, welche sie über Mandat in der Kommunalpolitik umgesetzt sehen wollen. Dies darf jedoch nicht von Erfolg gekrönt sein!

Die Arbeit für ein friedliches gesellschaftliches Miteinander und gegen die extreme Rechte in der Politik ist deshalb auch nach der Wahl nicht vorbei. In den kommenden sechs Jahren muss es darum gehen, den Rechten im Stadtrat und im Kreistag den politischen Raum so weit wie möglich zu nehmen. Wir fordern die StadträtInnen und die Kreistags-Abgeordneten deshalb dazu auf, keine gemeinsame Sache mit der AfD zu machen!

Das fängt bei einem bewussten Abstimmungsverhalten an. Extreme Rechte und ihre Inhalte dürfen auch auf kommunaler Ebene nicht normalisiert und die AfD nicht zum Mehrheitsbeschaffer aufgewertet werden. Der AfD muss eine Zusammenarbeit auf allen Ebenen verweigert werden. Das bedeutet auch, nicht an Veranstaltungen zusammen mit der AfD teilzunehmen und sie damit aufzuwerten, sondern deren Ausschluss zu fordern. Wir hoffen, dass die KommunalpolitikerInnen – zur Not auch durch Absagen oder Verlassen von Veranstaltungen - klare Haltung gegenüber der extremen Rechten zeigen.

Überparteiliche Zusammenarbeit, gemeinsame Veranstaltungen, solidarisch anmutende Gruppenfotos oder gar die Unterstützung von parlamentarischen Anträgen der politischen Mitwettbewerber sind parlamentarpolitischer Demokratiealltag. Doch die AfDler, insbesondere mit dieser Auswahl extrem rechter KommunalpolitikerInnen, fallen sicher nicht in die harmlose Kategorie „Kollegen einer Konkurrenzpartei“. Die lokalen RechtsaußenvertreterInnen der AfD, die sich überwiegend dem „Flügel“ der AfD zuordnen lassen, dürften sich an den taktischen Rat ihres völkisch-nationalistischen Lageranführers halten: Beim jährlichen Treffen des rechtsnationalen Flügels der AfD, dem "Kyffhäusertreffen" im Juni 2018 bedient sich Höcke inhaltlich eines Zitats

Joseph Goebbels. Der Reichspropagandaminister zur Zeit des Nationalsozialismus hatte 1928 erklärt: "Wir kommen nicht als Freunde, auch nicht als Neutrale. Wir kommen als Feinde! Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir!" - gut neunzig Jahre später befeuert Höcke seine Flügelanhänger: "[...] heute lautet die Frage Schaf oder Wolf. Und ich, liebe Freunde, meine hier, wir entscheiden uns in dieser Frage: Wolf."

Den selbsterklärten Wölfen, welche die politische Landschaft aufmischen wollen wie eine wehrlose Schafsherde, bei diesem Vorhaben zu helfen ist kein demokratisches Miteinander nach Wunsch der WählerInnen sondern untergräbt Sinn und Zweck demokratischer Prozesse zum Wohle des gesellschaftlichen Miteinanders. Wir rufen die VertreterInnen aller gewählter Listen dazu auf, die im Wahlkampf oft verkündete Ablehnung der AfD konsequent umzusetzen.

Neben einem strategischen Vorgehen der Parteien und einer weiterhin wachsamen und aktiven Zivilgesellschaft braucht es zudem einen vernünftigen Umgang seitens der Presse. Eine affirmative Berichterstattung der AfD spielt ihr am Ende nur in die Karten. Die AfD legt es darauf an, durch provokative Äußerungen, unbelegte Behauptungen und abstruse Verhaltensweisen Medienberichte zu generieren. Mittels Publikation unkonkreter Anschuldigungen, wirrer Skandalisierung und dem ständigen Heraufbeschwören von Krisenszenarien schafft es die Partei Opfer-Narrative zu erschaffen, welche ihre Fans hinter sich vereinen und Misstrauen bis hin zu Hass gegen alles und jeden zu schüren, der dem Machtstreben der selbsternannten „Patrioten“ im Weg zu stehen scheint: PolitikerInnen, JournalistInnen, Medien, KünstlerInnen, zivilgesellschaftliche Initiativen, Demokratieprojekte und Projekte und Personen, welche sich gegen Rassismus und Rechtextremismus und/oder für Geflüchtete engagieren. Diese Strategie gilt es auszuhebeln.

Spätestens bei Betrachtung der ewigen Hetze der AfD und speziell des lokalen Parteikreisverbands gegen die „Lügenpresse“, die „GEZ-Zwangsabgaben“, allgemein und die „Passauer Neue Presse“ und den öffentlich-rechtlichen „Bayerischen Rundfunk“ im Speziellen sowie zahllosen Landtagsanfragen und -anträgen der Bayerischen AfD, welche darauf zielen Medien, Journalismus-Akademien usw. öffentliche Mittel zu streichen, sollten sich Medienhäuser wohl nicht durch einen wohlwollend-unkritischen Umgang zum Steigbügelhalter der Partei machen.

Wir hoffen darauf, dass die Passauer bzw. niederbayerischen Medien künftig einen kritischen, reflektierten und distanzierten Umgang mit der AfD pflegen. Die ständige ungeprüfte Übernahme und das Abdrucken der parteieigenen Presseaussendungen, vielleicht auch aus Sorge vor rechten Shitstorms und schmollender ParteifunktionärInnen, können unmöglich dem journalistischen Auftrag seriöser Medien entsprechen.

Wir werden auch in den kommenden Jahren für eine demokratische und antifaschistische Zivilgesellschaft eintreten – doch es braucht eine breite Zivilgesellschaft, die ihre Zustimmung nicht durch Schweigen ausdrückt und deren Abgrenzungsbekenntnisse nach Rechts keine Lippenbekenntnisse bleiben, während man sich in der Realität hinter Floskeln versteckt wonach Demokratie und Meinungspluralismus ein höfliches Nebeneinander oder gar bemühtes Miteinander mit Rechtsextremen und ihren Positionen verlange.

In diesem Sinne: Rote Karte für RechtsextremistInnen aller Couleur! Ob im Kreistag, im Stadtrat, auf dem Campus, im Sportverein oder am Stammtisch!