1. Geschichte
Die Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf wurde 1860 in Wien von Olmützer Gymnasiasten, noch als Landsmannschaft unter dem Namen Verbindung Olomutia, gegründet. Später vollzog sie dann den Wechsel hin zu einer Pflichtschlagenden und Farbtragenden (Schwarz, Weiß, Gelb) Burschenschaft und benannte sich in Markomannia Wien um. Nach dem ersten Weltkrieg begann ein Aufschwung, infolgedessen die Markomannia viele neue Aktivitas begrüßte. 1934 erwarb sie ihr eigenes Haus, welches jedoch „aufgrund der Unbilden der damaligen Zeit“, wie die deutsch-nationalen Burschenschaften den Faschismus nennen, wieder aufgegeben werden musste.
Ebenso wie andere Burschenschaften, wurde die Markomannia ohne größeren Widerstand in den NSDStB (Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund) integriert. Außer dem Dienst der Aktivitas im deutschen Militär und anderen nationalsozialistischen Organisationen während des 2. Weltkriegs, welcher nach wie vor als Andenken und „Opfer für das Vaterland“ hochgehalten wird, ist über das Verhalten und die Position der Markomannen zu dieser Zeit wenig bekannt. Bekannte Mitgliedern der Burschenschaft waren jedoch u.a.ranghohe SS-Offiziere und NSDAP-Funktionäre wie Benno Imendörffer (Regierungsrat, 1867–1945), Rudolf Jung (NSDAP-Politiker, 1882–1945), Otto Koller (Arzt im Rang eines SS-Hauptsturmführers, 1917–2015), Otto Skorzeny (SS-Obersturmbannführer, 1908–1975).(1)
Nach dem 2. Weltkrieg waren Verbindungen noch bis 1953 verboten. Nachdem dieses Verbot aufgehoben war, konstituierte sich auch die Markomannia neu.
Nachdem in den 1960er Jahren kaum noch Interesse an den deutschtümelnden Männerbünden bestand, musste sich auch die Markomannia 1972 vertagen (vorübergehend auflösen) und gründete sich später in Passau neu. Besonders seit dieser Epoche versteht sich die Markomannia „als Schnittstelle zwischen Deutschland und Österreich“. Völkisches Denken und Träume von einem Großdeutschen Reich werden zwar selten offen gezeigt, sind aber definitiv vorhanden. Folglich verwundert es nicht, dass die Markomannia 1997 in die Burschenschaftliche Gemeinschaft und die Deutsche Burschenschaft eintrat. Letzteres ist ein Zusammenschluss von deutsch-nationalen Burschenschaften. Zuletzt hatte die Deutsche Burschenschaften durch die Debatte über einen „Ariernachweis“ als Eintrittsbedingung Schlagzeilen gemacht. Die Burschenschaftliche Gemeinschaft ist der politische Zusammenschluss von rechtsextremen und nationalistischen Burschenschaften aus Deutschland und Österreich, auf sie wird später noch eingegangen.
Nachdem sich auch in Passau keine*r mehr für die Markomannia interessierte, vertagte sie sich erneut und wurde 2007 in Deggendorf rekonstituiert, wo sie heute unter dem Namen „Akademische Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf“ in der Hafenstraße 24 ein Haus besitzt.
2. Eigene Positionen
In der Öffentlichkeit äußerte sich die Burschenschaft Markomannia lange Zeit kaum, trotzdem lässt ihre Website Schlüsse auf deren politische Gesinnung zu. Inmitten von (fürchterlich schleimigen) Beschreibungen über das Leben und die Verantwortung als Bursche, fallen immer wieder Wörter wie „Gemeinschaft“, „Vaterland“ und „Ehre“. Was auf den ersten Blick scheinbar nicht viel Unterschied zum alltäglichen heimatverliebten Gerede der CSU Politiker*innen hat, birgt jedoch die Kernzüge autoritärer Ideologie. Hinter der "Gemeinschaft" steht die Unterwerfung des Individuums unter das Kollektiv, hinter dem Begriff "Vaterland" die Ausgrenzung von allem, was nicht weiß und deutsch ist. Der "Ehrbegriff" ist grundlegend für das burschenschaftliche Männlichkeitsideal - hier vermischen sich Tapferkeit und Härte gegenüber sich selbst und anderen, mit der für Männlichkeit konstitutiven Abgrenzung gegenüber allem Weiblichen.
Es finden sich jedoch auch wesentlich eindeutigere Stellen, die belegen, dass die Markomannia nicht nur erzkonservativ und reaktionär, sondern auch stramm rassistisch und nationalistisch eingestellt ist. So ist die Mitgliedschaft nur „deutschen Studenten“ erlaubt, wobei deutsch hier natürlich völkisch, als „eine menschliche Gemeinschaft, die durch gleiche Abstammung, gleiches geschichtliches Schicksal, gleiche Kultur und verwandtes Brauchtum, dieselbe Sprache und zusammenhängenden Siedlungsraum verbunden und geprägt ist“ (2) definiert wird. Dieser Begriff "Deutsch" beinhaltet also auch jene ehemals deutschen Gebiete, welche nach dem 2. Weltkrieg „verloren“ wurden und ist folglich auch nicht auf die Grenzen der BRD beschränkt. Er impliziert bereits die Angliederung dieser Gebiete, wie es mitunter auch von der Deutschen Burschenschaft gefordert wird.
Bis vor ungefähr sechs Monaten äußerte sich die Markomannia in den Sozialen Medien eher zurückhaltend. Hauptsächlich wurden eigene Veranstaltungen und das Burschenleben beworben, ab und zu mobilisierten sie auch gegen die radikale Linke. Das hat sich seitdem jedoch verändert, die Pinnwand ist nun gespickt von rassistischen und völkischen Posts: So wurde beispielsweise am 16. Mai ganz offen dem „Stern von Afrika“, einem der höchstdekoriertesten Wehrmachtoffiziere und Propagandastar im Dritten Reich, gedacht (Bild 1). Nun scheint sich die Markomannia, neben verschiedenen rassistischen Posts, verstärkt der Gleichstellung von Frauen* und Homosexuellen als Hassobjekt zu widmen. Am 19. Juni wurde ein Post der Leobener Burschenschaft Leder, die sich ganz offen zum Deutschen Nationalismus bekennt, geteilt, auf welchem das Bild einer Regenbogenparade zu sehen war. Kommentiert war dies mit den Worten „das ist Pervers!“. Homosexuelle und Menschen, die sich nicht einer zwei-geschlechtlichen Heteronormativität anpassen wollen, werden im Text als „geisteskrank“ und „Obszönitäten“ bezeichnet (Bild 2). Einige Tage später postet die Markomannia das Bild einer Anti-G20 Demonstrantin, die auf einem Räumpanzer stehend von mehreren Polizist*innen mit Pfefferspray angegriffen wird. Kommentiert ist der Post mit den Worten „300 ml Emanzipation mitten ins Gesicht! <3“ (Bild 3). Die Burschen von der Markomannia sind also nicht nur reaktionär, rassistisch und sexistisch, sie sind auch verdammte Arschlöcher!
3. Verbindungen zu anderen rechtsextremen Gruppierungen und Personen
Das die Burschenschaft Markomannia selbst ein geschlossen rechtsextremes Weltbild hat, wird in der Zwischenzeit klar geworden sein. Zugleich steht sie aber ebenfalls in regem Kontakt mit anderen rechtsextremen Einzelpersonen und Gruppierungen. Darunter neben anderen Burschenschaften auch die AfD, die Identitäre Bewegung sowie die NPD.
3.1 Verbindungen zu rechtsextremen Burschenschaften
Die Markomannia ist Mitglied in der Deutschen Burschenschaft (DB) sowie der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG). Beides sind Zusammenschlüsse deutsch-nationaler Burschenschaften aus Deutschland und Österreich, wobei die BG noch stärker im rechtsextremen Milieu einzuordnen ist. Die DB ist seit dem Austritt vieler liberaler und konservativer Burschenschaften jedoch durch die BG dominiert.
Beide stehen immer wieder auch öffentlich scharf in der Kritik, beispielsweise wenn auf dem Burschentag der DB extrem rechte Anträge gestellt oder die Mitgliedschaft von aktiven Neonazis in Burschenschaften öffentlich wird. Meist ist dies aber nur die Spitze des Eisbergs, so werden mit den „Burschenschaftlichen Blättern“ (BB) und der rechtsextremen Zeitung „student“ reaktionären Autor*innen systematisch Publikationsmöglichkeiten und Honorare zur Verfügung gestellt. Auch werdenSeminare angeboten, auf denen rechtsextreme Referent*innen die Ideologie der BG verbreiten können - bezahlt wird dieser ganze Spaß von den Alten Herren, ehemalige Aktivitas, die jetzt wichtige Rollen in Politik und Wirtschaft besetzen. (3)
Neben ihrer Mitgliedschaften in der BG und der DB pflegt die Burschenschaft Markomannia noch zwei besondere Freundschaften zu den beiden rechtsextremen Burschenschaften Germania Salzburg und Thessalia zu Prag in Bayreuth.
Bei diesen Beiden Burschenschaften kann keine Rede von rechts-konservativ mehr sein, sie bewegen sich ganz klar im rechtsextremistischen Umfeld. Bei der Germania hielt vor einiger Zeit Kurt Sexlinger (Ehemaliger SS-Mann) einen Vortrag über die Jugend vor, während und nach dem Krieg; 2007 wehrten sie sich massive gegen die sogenannten „Stolpersteine“, die als Denkmal für ermordete Juden*Jüdinnen in Salzburg angebracht werden sollten.(4) Die Burschenschaft Thessalia zu Prag in Bayreuth hatte in den letzten Jahren mehrere in der Neonazi-Szene aktive Mitglieder, darunter Jürgen Schwab (Ehemals Freies-Netz-Süd), Andreas Wölfl oder der mit dem NSU in Verbindung stehende Mario Brehme.(5)
3.2 Verbindungen zur Identitären Bewegung
Die Identitäre Bewegung (IB) ist eine, aus Frankreich stammende rechtsextreme „Jugendbewegung“, die vor allem in Österreich stark vertreten ist. Sie ist der „Neuen Rechten“ zuzuordnen und ein Großteil ihrer Mitglieder rekrutiert sich aus dem Milieu der studentischen Verbindungen. Durch die Burschenschaftliche Gemeinschaft haben die Markomannen so auch Kontakt zu rechtsextremen Szenegrößen wie Martin Sellner (Burschenschaft Olympia Wien). Auch regional arbeitet die Burschenschaft Markomannia eng mit der IB zusammen und stellte dieser sogar ihre Räumlichkeiten für das Gründungstreffen einer neuen Ortsgruppe in Deggendorf am 4. November 2016 zur Verfügung. Auf dem Gründungsfoto ist u.a. Michael Gallerman, Mitglied der Burschenschaft Markomannia und Teil der neuen Ortsgruppe, zu sehen. Die anderen Personen, die auf den Fotos identifizierbar sind, sind allesamt über Facebook mit den Burschen der Markomannia verknüpft. Auch die aktiven AfDler Fabio Sicker und Vadim Derksen, welche in der Vergangenheit bei IB-Aufmärschen und Aktionen anzutreffen waren (6), arbeiten eng mit den Burschen Paul Kelnhofer und Sebastian Kerler zusammen, die im Vorstand der AfD Deggendorf sitzen bzw. saßen.(7)
Der Passauer Jurastudent und ehemaliges Mitglied der NPD Brandenburg Alexander Salomon pflegt ebenfalls enge Kontakte zur IB. Sein bis vor Kurzem noch öffentliches Facebook-Profil zeigte deutlich mehr Überschneidungen mit Aktiven der IB, als mit anderen rechten Gruppierungen wie der AfD.(8)
3.3 Verbindungen zur AfD
Die Verbindungen zur AfD wurden hier bereits mehrfach erwähnt und sind mehr als offensichtlich. Mit Paul Kelnhofer und bis vor circa einem halben Jahr auch noch Sebastian Kerler sitzen Mitglieder rechter Burschenschaften im Vorstand der AfD Deggendorf und bestimmten so auch maßgeblich den extrem rechten Kurs des Kreisverbandes mit. Die Junge Alternative in der Region ist weitestgehend inaktiv, stand jedoch ebenso in Verbindung mit der Markomannia. So fand beispielsweise am 1. Dezember 2016 in den Räumlichkeiten der Burschen ein Vortrag zum Thema „Aufbau und Organisation einer polit. Jugendorganisation“ von Reimund Hoffmann (Bundesvorstand der Jungen Alternativen) statt (Bild 4).
Überregional bestehen Kontakte zur AfD, neben jenen aus dem Kreisverband Deggendorf, auch durch Alexander Salomon, der zwar wegen seiner NPD-Vergangenheit aus der AfD, jedoch nicht aus deren Jugendverband ausgeschlossen wurde. Heute ist er Beisitzer im Vorstand der Jungen Alternative Brandenburg und hatte zwei Minijobs bei den hochrangigen AfD Funktionär*innen Birgit Bessi und Andreas Kalbitz.(9)
4. Fazit
Dieser Artikel zeigt, dass die Burschenschaft Markomannia weit mehr als ein ewiggestriger Männerverein ist, in dem Bier getrunken und gefochten wird. Die Markomannia ist eine rechtsextreme Gruppierung mit Verbindungen zu nahezu allen relevanten Akteur*innen der "Neuen Rechten“. In ihrem Dachverband und der Burschenschaftlichen Gemeinschaft werden Propaganda-Zeitschriften veröffentlicht und Seminare zu rechtsextremen Themen angeboten. All das wird finanziert von „Alten Herren“, die bereits in Wirtschaft und Politik Karriere gemacht haben, und jetzt aus dieser Position heraus und mit voller Überzeugung ihren Teil zu zum Erstarken rechtsextremer Strömungen beitragen. Die Markomannia und die meisten anderen Burschenschaften können ohne weiteres als Kaderschmiede der "Neuen Rechten" betrachtet werden.
Neben den vielfältigen Angeboten zur politischen Fortbildung, leistet auch die Erziehung zum Burschen ihren Teil zum Formen eines durch und durch autoritären Charakters. Die Überhöhung der Eigengruppe, sowie die gleichzeitige Abwertung der „Anderen“, sind in der burschenschaftlichen Erziehung ebenso vorzufinden, wie die Unterwerfung des Individuums unter das Kollektiv.
Der strukturelle Aufbau und die tatsächliche politische Ausrichtung von Burschenschaften ist von Grund auf anti-emanzipatorisch und trägt ihren Teil dazu bei, Rassimus, Sexismus, Klassismus und Nationalismus zu reproduzieren und damit eine befreite Gesellschaft zu verunmöglichen. Es ist höchste Zeit, dass sich die radikale Linke wieder verstärkt mit dem Thema Burschenschaften auseinandersetzt und sie nicht als ein irrelevantes Relikt vergangener Tage betrachtet! Reaktionäre und faschistische Ideologien müssen bekämpft werden, immer und überall, auf dass es bald heißt „Gute Nacht, Burschenpracht"!
1 https://de.wikipedia.org/wiki/Akademische_Burschenschaft_Markomannia _Wien_zu_Deggendorf
2 Handbuch der Deutschen Burschenschaft (1982)
3 https://de.wikipedia.org/wiki/Burschenschaftliche_Gemeinschaft
4 https://www.stopptdierechten.at/2010/12/29/salzburg-turkensturm-bei-der-germania/
5 https://www.antifainfoblatt.de/artikel/heil-thessalia-heil-munichia
7 http://www.afd-deggendorf.de/der-vorstand.html
8 https://infoticker-passau.org/node/154
9 https://infoticker-passau.org/node/154
Bilder: Die Bilder sind allesamt Screenshots der Öffentlichen Facebookseite der Burschenschaft Markomannia (Stand 25.09.2017)