Rechtsextreme Burschenschafter, Neofaschisten, Hooligans und AfD vereint in Passau - Die Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf

Veröffentlicht am Mi., 04/24/2019 - 22:27

Mit der Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf macht sich seit einiger Zeit eine extrem rechte Studentenverbindung in der Passauer Altstadt breit. Im Folgenden sollen die diversen Verstrickungen der Markomannia in das rechte und neonazistische Milieu aufgezeigt und eine kurze Einordnung ihrer Ideologie und politischen Aktivitäten gegeben werden. Auf sämtliche Punkte wird in einem ausführlichen Reader über die
Burschenschaft Markomannia Wien näher eingegangen, daher wird teilweise für Quellen in diesem Artikel lediglich auf den Reader verwiesen. Der Artikel wurde vom Antifaschistischen Infoticker für die Kampagne "Völkische Verbindungen Kappen - Gegen Faschismus jeder Couleur!" geschrieben.

 

Reader (107 Seiten) hier als PDF oder in der Online-Ansicht zum durchblättern.

Broschüre (16 Seiten) hier als PDF oder in der Online-Ansicht zum durchblättern.

 

Die Burschenschaft Markomannia und die AfD

Bereits seit ihrer Gründung und noch verstärkt seit dem Einzug in die Parlamente rekrutiert die AfD sowohl Führungspersonal als auch parlamentarische Mitarbeiter aus den Reihen deutsch-nationaler Burschenschaften. Daher verwundert es nicht, dass auch die Burschenschaft Markomannia sowohl lokal als auch bundesweit in die Partei eingebunden ist.

Mit Alexander Salomon (Ex-NPD) war ein Mitglied der Markomannia mehrere Jahre Beisitzer im Vorstand der Jungen Alternative Brandenburg sowie Mitarbeiter von Andreas Kalbitz (MdL).1 Kalbitz gehört zum extrem rechten sogenannten „Flügel“ und ist einer der einflussreichsten PolitikerInnen innerhalb der AfD. In der Vergangenheit fiel er durch verschiedene Kontakte zum und Überschneidungen mit dem neonazistischen Milieu auf.2 Aufgrund seiner NPD-Vergangenheit wurde Salomon 2016 aus der AfD ausgeschlossen, nicht jedoch aus deren Jugendverband.3 Auch Paul Kelnhofer, der nach eigenen Angaben nicht mehr Teil der Markomannia ist, ist Beisitzer im Bezirksvorstand der AfD-Niederbayern. Dort arbeitet er unter anderen mit dem ehemaligen Republikaner und jetzt AfDler Oskar Atzinger sowie mit dem vom Bayerischen Verfassungsschutz beobachteten AfD-Bezirkstagsabgeordneten Robert Schregle zusammen.4

Alexander Salomon
Alexander Salomon

Der Versuch, die Campus Alternative (CA) als Hochschulgruppe in Passau zu etablieren, ging maßgeblich von Burschenschaftlern der Markomannia aus. Laut einer Darstellung der AfD Passau auf Facebook war zuerst Alexander Salomon und später Tobias Lipski stellvertretender Vorsitzender der CA Passau.5 Vorsitzender der Hochschulgruppe war dagegen Andreas Meißner, der noch bis 2016 Vorstandsmitglied der JA Bayern war,6 und dessen rassistische und holocaustrelativierende Postings auf Facebook dazu führten, dass der Campus Alternative 2018 ihre Akkreditierung als Hochschulgruppe entzogen wurde.7

Neben diesen noch studierenden Markomannen ist auch der 'alte Herr' Volker Dringenberg8 aktiv in der AfD.9 Dabei ist Dringenberg jedoch nicht einfach irgendwo aktiv, sondern im Vorstand der AfD-Chemnitz, jenes Kreisverbandes, der die rassistischen Hetzjagden auf People of Color und Linke im August 2018 maßgeblich mitzuverantworten hatte. Während der rassistische Mob tobte, hatte die AfD in Chemnitz den Schulterschluss mit Neonazis gesucht und auch im Nachgang war von einer Distanzierung wenig zu spüren.10

Die Burschenschaft Markomannia und andere extrem rechte Burschenschaften

Die Burschenschaft Markomannia ist Mitglied in der Deutschen Burschenschaft (DB), dem Dachverband der meisten deutsch-nationalen Burschenschaften in Deutschland und Österreich. Bis vor kurzem war die Markomannia sistiert (inaktiv), am 24. Januar 2019 machte sie jedoch ihre Reaktivierung innerhalb der DB öffentlich. Auch in der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG) ist die Markomannia Mitglied, diese ist ein Zusammenschluss von völkisch-nationalistischen Burschenschaften, dem es über Jahre hinweg gelang, die DB stark nach rechts zu rücken und liberalere Burschenschaften aus dem Verband zu drängen. Neben diesen Kontakten bestehen besonders enge Freundschaftsverhältnisse zur Thessalia Prag zu Bayreuth sowie der Germania Salzburg.11

BrunaSudetia
Die Markomannia zu Besuch bei der Bruna-Sudetia

Insbesondere in Österreich besitzt die DB großen Einfluss, ein großer Teil der männlichen FPÖ-Politiker ist Mitglied in einer der DB-Burschenschaften, doch auch in Deutschland mehrte sich der Einfluss und der Zugang zu Machtpositionen mit dem Aufstieg der AfD.12 Die diversen rechtsextremen Skandale und Überschneidungen mit der neonazistischen Rechten gingen an den Burschenschaften dabei meist ohne ernste Konsequenzen vorbei. Die 2011 geführte Diskussion um einen „Ariernachweis“ sorgte beispielsweise weniger für eine gesellschaftliche Isolation als vielmehr für eine Radikalisierung der DB. Die Markomannia war trotz ihrer formalen Inaktivität nicht nur Mitglied in der Deutschen Burschenschaft, sondern durchaus auch aktiv, beispielsweise wurden regelmäßig deren Verbandstreffen besucht.13 Mit Sven Beckendorf war 2005 ein Markomanne gewählter Ansprechpartner der Deutschen Burschenschaft im Ressort „Politik und Kultur“.14 Beckendorf pflegt, nach diversen Überschneidungen und Likes auf Facebook zu schließen, noch immer guten Kontakt zur Markomannia.15

Die Nähe der Deutschen Burschenschaft zu NeofaschistInnen zeigt sich deutlich in ihrem Verbandsorgan, den „Burschenschaftlichen Blättern“, dort wird dem Who-is-Who der extremen Rechten Raum für ihre Publikationen geben, von NPD-Kadern wie Arne Schimmer bis hin zur neofaschistischen italienischen „Casa Pound“.16 Ergänzt wird das „Bildungsangebot“ der „Burschenschaftlichen Blätter“ noch durch Schulungen und Seminare zu rechtsextremen Themen. Die Nähe zum Nationalsozialismus, die die völkischen Burschenschaften aufweisen, bleibt jedoch nicht auf der Ebene der theoretischen Auseinandersetzung, sondern findet sich auch im Liedgut der Burschenschaften wieder. 2015 postete die Markomannia eine Zeile des SS-Treueliedes auf Facebook und auch die persönliche Youtube-Playlist des Markomannen Alexander Salomon besteht fast ausschließlich aus nationalsozialistischen Liedern der SA.17Damit ist die Burschenschaft Markomannia Wien jedoch kein Einzelfall, erst vor Kurzem erschütterte der Liederbuch-Skandal Österreich. Bei der pennalen Burschenschaft Germania zur Wiener Neustadt wurde beispielsweise ein Liederbuch mit der Zeile „Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million“ gefunden.18 Auch bei der Burschenschaft Bruna-Sudetia, bei der die Markomannen erst jüngst zu Gast waren,19 wurde bei einer Hausdurchsuchung ein antisemitisches Liederbuch beschlagnahmt.20 Neben der Bruna-Sudetia pflegten die Markomannen im letzten Jahr auch sonst gute Kontakte zum Who-is-Who der rechtsextremen Burschenschaften. Beispielsweise waren die Passauer Burschenschaftler am 24. März 2018 zu Gast bei der Germania Ried,21 gegen die jüngst Ermittlungen liefen, weil dort 2017 ein Konzert mit der Neo-Nazi-Band Fylgien veranstaltet wurde.22

Die offizielle Freundschaft zur Thessalia Prag zu Bayreuth ist ebenfalls nicht zu verachten. Im Herbst 2014 wurde bekannt, dass Mario Brehme, enge Bezugsperson des NSU-Kerntrios und Teil des neonazistischen Thüringer Heimatschutz, im Haus der Thessalia wohnte. Auch der Neonazi Jürgen Schwab war bis 2002 Mitglied in der extrem rechten Bayreuther Burschenschaft.23Zur vom Verfassungsschutz beobachteten und mit Neonazismus in Verbindung gebrachten Danubia München bestehen gute Kontakte, wie sich auf Social Media verfolgen lässt, erst am 3. November 2018 waren die Markomannen für eine Mensur bei den Danuben in München zu Gast.24

Die Burschenschaft Markomannia und die gewaltaffine und neonazistische Rechte

Neofaschismus und Neonazismus finden sich jedoch nicht nur in den mit der Markomannia befreundeten Burschenschaften, auch Teile der Markomannia selbst sind diesem Lager zuzurechnen. So pflegt der oben genannte Sven Beckendorf, der um 2005 Aktivita bei der Markomannia war, Kontakt zu dem ukrainischen Freiwilligenbataillon „Asow-Regiment“ und dessen politischer Sprecherin Olena Semenyaka.25  Das Bataillon wurde von nationalistischen, ukrainischen PolitikerInnen gegründet, um gegen russische Separatist*innen im Osten des Landes vorzugehen und fiel in der Vergangenheit durch faschistische und nationalsozialistische Positionen auf. Neonazis aus verschiedenen europäischen Ländern traten dem Regiment bei und konnten so den Umgang mit der Waffe erlernen.26 Auf Facebook bezeichnet Salomon die (para-)militärischen Übungen an denen Beckendorf teilnimmt als Wehrsportübungen.27

Auch unter den Aktivitas der Markomannia bestehen jedoch Kontakte ins neonazistische Milieu. Neben Salomon, der fliegenden Wechsel zur AfD die NPD verließ,28  gibt es mit dem Neumitglied Tom Fedeneder (auf Facebook Tom Neumann) seit Herbst 2018 einen weiteren Markomannen mit besten Kontakten zur NPD. 2018 kandidierte dieser bei der Landtagswahl für die NPD Straubing/Regen.29 Zudem bezog sich Fedeneder mindestens bis 2014 positiv auf die NPD sowie deren EU-Abgeordneten Udo Voigt. Es muss jedoch gesagt sein, dass das Kokettieren der Burschenschaften mit der NPD im Allgemeinen nachgelassen hat, seit mit der AfD eine nationalistische und trotzdem gesellschaftlich akzeptierte Partei existiert.30

Der (Ex-?)NPDler Fedeneder ist mitnichten der einzige Nachwuchs, den die Markomannia im letzten Jahr zu verzeichnen hatte, und erst recht nicht der einzige mit extrem rechten Hintergrund. Mit Dennis Bogdan und Maximilian Wetzel traten der Markomannia gleich zwei neue Füxe bei. Beide sind dem extrem rechten Hooligan-Milieu des FC Hansa Rostock zuzurechnen und Teil der Fan-Gruppe „Hansa Ultras Passau“. Nach Aussagen aus deren persönlichem Umfeld fanden sowohl bei Bogdan als auch bei Wetzel im Dezember Hausdurchsuchungen statt. Der Vorwurf der Behörden lautete, dass die Markomannen im Dezember 2017 mehrere Syrer und Afghanen am Bahnhof verprügelt haben sollen.31 Auch hier zeigt sich also das massive, rassistisch motivierte Gewaltpotential, das bei Teilen der Markomannia vorhanden ist.

IB
Gründungstreffen der IB Niederbayern im Haus der Markomannia

Mit Michael Gallerman ist auch ein Aktivist der neofaschistischen Identitären Bewegung Teil der Markomannia. Demzufolge verwundert es auch nicht, dass das Gründungstreffen der Identitären Bewegung Niederbayern 2016 im Haus der Markomannia in Deggendorf stattfinden konnte.32 Kontakte zur Identitären Bewegung bestehen aber nicht nur über Michael Gallermann, sondern auch über die Burschenschaftliche Gemeinschaft. Beispielsweise ist die extrem rechte Burschenschaft Olympia Wien, in der auch diverse IB-Kader, darunter zeitweise Martin Sellner, korporiert sind, Mitglied der BG.

Die Liste an persönlichen Kontakten zu Neonazis, FaschistInnen und anderen Rechtsextremen lässt sich über die Burschenschaftliche Gemeinschaft, die Junge Alternative und die Identitäre Bewegung beinahe unendlich fortführen. Wir haben daher nur eine Auswahl der für uns relevantesten Kontakte aufgeführt. Es zeigt sich dennoch, dass die Markomannia bestens in der extremen Rechten vernetzt ist, vom institutionalisierten Rechtsextremismus in Form von AfD und FPÖ bis hin zu gewalttätigen Hooligans und Neonazi-Kadern. Tatsächlich lässt sich auch einen Schritt weiter gehen und feststellen, dass die Markomannia Teil und sogar Schnittstelle dieses extrem rechten Netzwerkes ist.

Verortung und politische Aktivitäten der Burschenschaft Markomannia

Volkstrauertag
Markomannia am Volkstrauertag 2018

Im Folgenden soll in aller Kürze auf die ideologische Verortung und die politischen Aktivitäten der Markomannia Wien eingegangen werden. Wie alle Burschenschaften seit der Jenaer Urburschenschaft von 1815 versteht sich auch die Markomannia als explizit politischer Studentenbund. Die konkrete Ausformung dieses politischen Anspruchs kann dabei von liberal über konservativ bis extrem rechts reichen, bei der Markomannia ist letzteres der Fall. Auch die Deutsche Burschenschaft und insbesondere die Burschenschaftliche Gemeinschaft, zu deren Mitgliedern die Markomannia gehört, ist konsequent völkisch und deutsch-nationalistisch eingestellt. Beispiele dafür finden sich auch in den Öffentlichkeitsauftritten der Markomannia. Eine Abgrenzung zum historischen Nationalsozialismus findet dabei kaum bis gar nicht statt, offen wird nationalsozialistischen Militärs wie beispielsweise Hans-Joachim Marseill33 gedacht. Weiter sind Männerbund und die autoritäre Erziehung zur künftigen Elite elementare Bestandteile burschenschaftlicher Identität und Selbstwahrnehmung. Auffallend ist zudem, dass die Ablehnung einer als links und liberal wahrgenommenen Mehrheitsgesellschaft identitätsstiftendes Moment zu sein scheint. Auf Facebook wird dies deutlich, wenn, ganz im Stile neu-rechter Metapolitik, versucht wird, eine feministische und linke Hegemonie zu konstruieren und diese dann durch Entkontextualisierung und vermeintliche Satire ad absurdum zu führen.34

An dieser Stelle ist es aus zwei Gründen obsolet, weiter auf die inhaltlichen Positionen der Markomannia einzugehen. Zum einen wurde bereits gezeigt, dass die Markomannia Teil eines rechtsextremen Netzwerkes ist und daher auch als extrem rechts verortet werden kann. Zum anderen dürften die ideologischen und strategischen Positionen innerhalb der Markomannia sich, der Funktion als Sammelbecken verschiedener Rechtsextremer geschuldet, teilweise gravierend unterscheiden. Zweifelsfrei kann jedoch festgestellt werden, dass der Minimalkonsens in der Markomannia aus einem rassistischen, sexistischen und deutsch-völkischen Weltbild besteht und bei einzelnen Mitgliedern bis hin zum Neonazismus reicht.

Entsprechend der völkisch-nationalistischen Grundeinstellung der Markomannia gestalten sich auch deren politische Aktivitäten. Das Gedenken an verstorbene Bundesbrüder und deutsche Soldaten nimmt einen großen Stellenwert in der politischen Praxis der Markomannia ein. In den Sozialen Medien ist die Markomannia zwar präsent, doch ist die politische Agitation dort deutlich weniger relevant, als beispielsweise bei der AfD.

Boxen
Markomanne beim Kampfsporttraining

Die größte Gefahr, die von der Markomannia ausgeht, besteht in ihrer Funktion als Sammelbecken der extremen Rechten. Im Gegensatz zu den meisten anderen rechten Strukturen verfügen Burschenschaften über nicht zu unterschätzende finanzielle Mittel und auch über Räumlichkeiten. Mit der sogenannten Konstante, einer Art „Vereinsheim“ in der Steiningergasse 10, verfügt die Markomannia bereits über einen Treffpunkt mitten in der Passauer Altstadt, der im Verlauf des letzten Jahres auch zunehmend genutzt wurde. Die Konstante fungiert bereits jetzt als Treffpunkt für verschiedene extrem rechte AkteurInnen und bietet die Möglichkeit zum Austausch und zur Vernetzung. Die Art der Veranstaltungen, die dort stattfinden, reicht von Kneipenabenden und Weinverkostungen über politische Veranstaltungen35 bis hin zum gemeinsamen Kampfsporttraining von rechtsextremen Burschenschaftlern, Hooligans und AfD-AktivistInnen.36

Zusammenfassend kann also gesagt werden: Im letzten Jahr hat sich in Passau eine extrem rechte Organisation eingenistet, die zivilgesellschaftlich kaum beachtet oder gar geachtet wird, die bestens mit anderen Rechtsextremen vernetzt ist und an der Universität und offensichtlich auch an Schulen Mitglieder rekrutiert. Damit aber noch nicht genug, in den Räumlichkeiten der Markomannia wird, ganz im Stile der neofaschistischen Identitären Bewegung, mit Kampfsport für den Ernstfall, den Kampf auf der Straße, trainiert.

Die Gewaltaffinität extrem rechter Ideologien wird sich, neben abstrakteren und autoritären Forderungen, immer auch in ganz konkreter Gewalt gegen all jene richten, die nicht ins rechte Weltbild passen. Im Fall von Denis Bogdan und den Gebrüdern Wetzel, die in Pasing rassistisch motiviert Menschen, die als „nicht-deutsch“ wahrgenommen wurden, zusammengeschlagen haben sollen, zeigte sich dies bereits deutlich. Es ist höchste Zeit, dass Antifaschist*innen und zivilgesellschaftliche Akteur*innen aufstehen und die Markomannia als das behandeln, was sie ist: Eine rechtsextreme Organisation!